Eintrag vom 28.08.2025
Zentralalpenweg 0.2
Der längste Weitwanderweg Österreichs von Wien (zumindest in der Nähe) bis Feldkirch (ich starte von hinten).
2023 war der erste Versuch, der in Sölden, im Ötztal begann und nur drei Tage später am Hochjochhospiz endete. Gründe:
1. das Wetter war für Hochtouren, also über 2500m nicht mehr geeignet.
2. O-Ton des Hüttenwirts: ohne Ausrütung und Erfahrung hast du auf den Gletschern des Gepatsch nix verloren, scho gar net allein. Als vernunftbegabter Mensch sah ich das ein, letztendlich wegen des dritten Grunds.
3. Beim Abstieg vom Ramoljoch war ich extrem vorsichtig, in der Nacht gab es ein Unwetter und alles war nass, aber kurz vor Vent rutsche ich trotzdem aus und verdrehte mir das Bein in völlig unnatürliche Weise. Ich bin zur nächsten Hütte, spürte aber, das Knie ist eine tickende Bombe.
Zwei Jahre später:
Tag 1
Es kommt immer anders, als man denkt. Freitag höre ich früher zu arbeiten auf, um am Vorabend schon nach Feldkirch zu fahren. Nach vielen Überlegungen entschloss ich mich in den letzten Tagen, den Langsteckenweg ganz von vorne zu beginnen. Bis dahin lief alles nach Plan ?.
Die erste Etappe verläuft über die Feldkirchner zur Gafadurahütte in Lichtenstein. Der Anstieg zur ersten Hütte ist kurz, aber verdammt steil, zumindest für jemanden, der die meiste Zeit vor einem PC verbringt und nur die zwei Finger an der rechten Hand gebraucht. Auf halber Höhe höre ich das erste Grollen vom inzwischen wolkenbedeckten Himmel. Gewitter? So früh am Tag? Nach drei statt der angegebenen zweieinhalb Stunden komme ich endlich an und zehn Minuten später prasselt der Regen an die Scheiben. Überall wird das Wetter gegoogelt. Bis zwei Uhr Regen, dann erst wieder nachts. Damit ist der Plan, weiter als zur Gafadurahütte zu laufen und draußen zu Übernachten, um die neun Stunden Etappe am nächsten Tag zur Pfälzer Hütte zu splitten, dahin. Neun Stunden über schwieriges Gelände schaffe ich erfahrungsgemäß nicht, doch bei Regen will ich auch nicht draußen übernachten.
Bei einer Johannisbeerschorle denke ich nach. Die Gruppe junger Leute, die allen zum Trotz zu den drei Schwestern aufsteigen wollte, kommt triefend zurück. Ein Pärchen wechselt die tropfnassen Shirts, die drei Radler in der Ecke bestellen sich das zweite Bier.
Endlich steht mein Entschluss. Gestern sah ich Busse nach Vaduz. Ich steige wieder ab und in einen solchen ein. Damit kann ich das Wetter und die zu lange Etappe umgehe.
Tag 2
Vaduz ist Lichtenstein und das ist wie Schweiz, allerdings war ich noch nie in diesem Land. Das erste Hotel, das ich anlaufe, ist geschlossen, das zweite hat nur Online-Check-in, das dritte sieht sehr teuer aus, es gibt aber eine Rezeption, an der mir eine junge Dame freundlich entgegensieht. Mit gedämpfter Stimme erkläre ich, dass ich unplanmäßig hier gelandet bin und nun eine Unterkunft suche, sie soll bitte nachsehen, ob sie etwas frei hat und mich mit dem Preis schocken. Sie hätte noch etwas, ob es ein Standardzimmer sein darf oder eine Suite. Ich nicke bei Standard. Mit eben solcher gedämpfter Stimme weist sie mich darauf hin, dass das Hotel gegenüber günstiger wäre. Ich antworte in derselben Stimmlage, obwohl wir völlig alleine sind, aber wir finden die Konspiration inzwischen beide witzig, dass ich es mir sicherlich hier leisten kann und mir der Online-Check-in drüben zu nervig ist. Es kostet 230 und in einer Stunde darf ich mein Domizil beziehen. Inzwischen wechsle ich Schweizer Franken, denn die gelten hier, wie mir das Mädel verriet und morgen für den Bus benötige ich die auch.
Tag 3
Das Frühstücksbuffet ist entsprechend edel, ich halte mich hauptsächlich an die Avocadocreme. Im Bus löse ich ein Ticket bis Malbun, steige aber bereits in Steg aus, da es auf der Karte nach dem Tunnel einen Aufstieg zu meinem ursprünglichen Weg gibt, das wird mir von zwei einheimischen Wanderern bestätigt. Zwei Jungs, die natürlich nicht fragen und nur wild auf einem Handy scrollen, irren noch lange entlang der Straße herum, ihre großen Rucksäcke deuten allerdings an, dass sie dieselbe Route suchen.
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Ziemlich harmlos geht es über Kilometer auf Forstwegen dahin, bis ich in den alpinen Bereich einsteige und nicht ohne aus der Puste zu kommen durch ein grünes Hochtal am Ende steil zur Pfälzer Hütte aufsteige. Bei einem jungen Mädel frage ich sofort nach einem Schlafplatz, sie sagt ihn mir zu. Nebel zieht auf, die meisten Gäste steigen wieder ab, einige bleiben. Als Ruhe einkehrt, zeigt sie mir und einem jungen Mann aus Asien unsere Plätze im Lager, ihm einen mittendrin, mir in einem 2-Bett-Zimmer, das ich heute für mich haben werde. Zusammen mit dem dezenten Hilfsangebot auf der Damentoilette wird mir klar, dass einzeln wandernde Frauen hier nie zwischen Männern platziert werden, auch in den Bergen scheinen die Zeiten schlimmer geworden zu sein. Später bestätigen mir fünf Damen aus Salzburg meine Ahnung, auf der nächsten Hütte erzählt mir eine Berlinerin, dass diese Bleibe mit den beiden leitenden Mädels dafür weithin bekannt ist.
Tag 4
Am Morgen gibt es ein einfaches Frühstück aus hochwertigen Zutaten und Tee für unterwegs, denn trinkbares Wasser gibt es nicht. Eine der beiden Hüttenwirtinnen bestätigt mir den Irrsinn meines Tracks, mit dem ich tausend Meter ab und dann wieder aufsteigen muss, einfach oben am Grat bleiben.
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Es ist eine hochalpine Strecke, aber auch mit meinem viel zu schweren Rucksack machbar. Unterwegs treffe ich immer wieder auf ein aus der Ostschweiz stammendes älteres Pärchen, dessen minimales Gepäck ich auf der Pfälzer Hütte bereits bewunderte.
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Der aufwendig in den Fels geschlagene seilverspannte Steig hinüber zum Schaflochsattel beeindruckt mich sehr. Dort suche ich zusammen mit einem anderen den Weg hinüber zur Mannheimer Hütte und finde ihn nicht. Die Hütte vor Augen, den erbärmlich geschrumpfter Gletscher neben mir bahne ich mir einen kräftezerrenden Weg auf und ab über Felsen und viel Geröll, er will ganz oben rüber.
Es sind erstaunlich viele Gäste hier trotzdem die Hütte nur über alpine Steige zu erreichen ist. Ich gönne mir ein Abendessen und lerne drei nette Jungs aus der Nähe von Tuttlingen kennen.
Tag 5
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Über den Gipfel des Schessaplan will ich nicht, die Schlange aus Bergsteigern, die unter dem Gipfel warten, bis sie Platz oben finden, erinnert mit an Fotos vom Himalaya, aber der Steig unten entlang ist auch nicht ohne. Die Kleinfamilie, Eltern mit erwachsener Tochter, kurz hinter mir, sehe ich bald nicht mehr. Erst mache ich mir Sorgen, dann werde ich von den Massen abgelenkt, die vom Lüner See heraufströmen.
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Am Wetter hat sich nichts geändert, ab morgen kommt ein umfangreiches Regengebiet. Ich steige also aus dem Zentralalpenweg aus, fahre mit der Seilbahn nach unten, mit dem Bus nach Bludenz und weiter mit dem Zug noch Hause.
Vielleicht wird das Wetter während meines Urlaubs noch einmal besser und ich kann wieder einsteigen.
Das mit dem Wetter hat geklappt. Zwei Tage später steige ich wieder ein. Das Gute an der notgedrungenen Pause war die Möglichkeit Balast abzuwerfen. Ich packe nicht nur den Dauenschlafsack und die ultralight Luftmatraze für mögliche Übernachtungen im Freien aus, sondern trennte mich sogar von meinem selbstgenähten Hüttenschlafsack aus stabiler, aber schwerer Seide und kaufte eine leichte Baumwollvariante.
Tag 6
Für drei Uhr morgens stellte ich mir den Wecker, um beim letzten Check meiner Verbindung zu erfahren, dass mein Zug ausfällt, da durch die Regenfälle der letzten beiden Tage die Strecke nördlich am Bodensee unterspült wurde. Ich buche also über Zürich und lege mich für drei Stunden noch einmal ins Bett.
Um halb zwölf bin ich in Landeck und steige in den Bus zu einer beeindruckenden Fahrt hinauf zur Bielerhöhe. Dort gelang es mir noch nie eine Unterkunft zu bekommen, immer alles voll und ich hatte den Eindruck, dass man sich an Wanderern nicht die Finger schmutzig machen möchte. Doch dieses Jahr müssen sie, denn die Hochalpenstraße von der Vorarlberger Seite ist wegen Steinschlag gesperrt.
Schockiert betrachte ich den Silvretta Stausee. Ich sah ihn noch nie so leer. Die Wirtin vom Silvretta Haus erklärt mir, dass das Wasser wegen Bauarbeiten am Abfluss abgelassen wurde, aber der Rundweg um den See ist wegen Steinschlag gesperrt. Doch nicht nur wenig Wasser ist da, sondern auch kaum Touristen.
An der Rezeption weist sie mich auf die Sauna hin. Ich kann nicht widerstehen, auch wenn sie extra wegen wir beheizt wird, später kommt noch ein Pärchen dazu.
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Tag 7
Gleich am anfang stehe ich vor einen Bach, der durch die Regenfälle derart angestiegen ist, dass ich es nicht wage, ihn mit der offiziellen Wegführung zu überqueren. Eine halbe Stunde stehe ich davor und überlege. Ich würde im besten Fall wadentief im Wasser stehen, vermutlich würde mich die Gewalt der Wassermassen aber umwerfen. Ich laufe zum Wehr kurz darüber, dass natürlich nicht betreten werden darf. Ich laufe zurück, betrachte die reißenden Fluten, gehe wieder hinauf und betrete die gesperrte Anlage. Mit aller Vorsicht schreite ich langsam zur anderen Seite hinüber, schließe alle Gatter wieder hinter mir. An der steilen Böschung hinauf zum ausgeschilderten Weg erkenne ich, dass ich nicht die erste bin, die diesen Weg wählt.
Danach steige ich durch ein Hochtal hinauf zur Getschnerscharte. In einer grünen Mulde, dort, wo eigentlich ein Gletscher sein sollte, treffe ich auf eine Herde Steinböcke. Ihre gelassene Haltung deutet darauf hin, dass ist vor nicht allzulanger Zeit noch im Zoo standen. Dem lauten Geschrei und Gejohle der Holländerinnen, die gerade über den Sattel steigen, sind sie allerdings nicht gewachsen. Das teile ich ihnen auch mit, also den Holländerinnen, als wir aneinander vorbeilaufen. Sie entschuldigen sich, eine meinte, sie hätte Geburtstag. Ich gratuliere ihr, aber die Überraschung mit der Steinbockherde sei nun dahin.
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Der letzte Aufstieg zur Scharte bringt mich gewaltig zum Schnaufen und auch der Abstieg ist steil, aber danach verläuft der Weg wieder gemässigt und ich bin bald an der Jamstalhütte.
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Die Mulde in der Matraze meines Lagers ist ebenso steil wie die Berge, ich schlafe unruhig bis gar nicht.
Tag 8
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Der Wasserreichtum der Bäche rührt vermutlich auch von den Regenfälle der letzten Tag, ein eigentümlicher Gegensatz zur Mannheimer Hütte, die sich einzig und allein von Regenwasser speist, was heißt: kein Trinkwasser, keine Duschen.
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Die neue Wegführung verläuft auf der rechten Seite des Bachs hinauf zum Kronenjoch, ich folge dem Tal mit mässiger Steigung. Ebenso angenehm geht es hinunter zur Heidelberger Hütte, die im Schweizerischen liegt. Trotzdem es ein langer Weg ist, bin ich an der Hütte noch so fit, dass ich nach einer stärkenden Johannisbeerschorle und Gulaschsuppe weiter nach Ischgl laufe. Ich weiß dass ich fünfzehn Kilometer über bereite Schotter- und Teerstraßen muss. Ich plante es als seperate Etappe, aber es ist gut, wenn ich es so schnell wie möglich hinter mich bringe. Der nervige Weg wird unterstützt durch die E-Mountainbikefahrer, die ineinemfort an mir vorbeirasen. Das letzte Stück steige ich in eine Seilbahn.
Unten im Ort frage ich gleich am ersten Hotel. Es gibt noch ein Zimmer, sie nennt mir den Preis und ich bin positiv überrascht. Das ist fast wie geschenkt. Das sage ich ihr auch. Beim anschließenden Rundgang durchs Haus um mir alle Möglichkeiten zu zeigen, bietet sie mir den Wellnessbereich an, den sie nur kurz aufheizen muss. Ich kann nicht widerstehen, auch wenn alles, Sauna, Wirlpool, Dampf- und Kräuterbad nur für mich hochgefahren wird. Schande über mich!
Tag 9
Beinahe eineinhalbtausend Höhenmeter liegen vor mir. Und dann verliert sich der ausgeschilderte Weg gleich am Anfang und ich klettere kräftezerrend durch den Wald nach oben. Wäre ich nur auf der Fahrstraße geblieben. Aber natürlich schaffe ich es dennoch, langsam aber beständig.
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Am kleinen Madleinsee krame ich endlich den Apfel aus den Untiefen meines Rucksacks, den mir die Wirtin des Silvretta Hauses zum Abschied beinahe aufgedrängte. Normalerweise esse ich unterwegs nichts. Für meinen, vom Lipödem geprägten Stoffwechsel wäre dies ein völlig falsches Zeichen. Über Stunden und Tage kämpfe ich darum, dass er auch einmal ein wenig mehr für Aktivitäten verbrennt. Wenn ich dann essen oder zu viel trinken würde wäre es das Signal zum Energiehahn zudrehen, da Futterstelle erreicht. Aber nun soll es dieser Apfel sein, wenn ich sofort danach weiterlaufe, wird er schon merken, dass der Weg zum Schnitzel noch lange ist.
Oben an der Doppelseescharte, der Name ist mir unbegreiflich, denn ich sehe nur den einen kleinen See, an dem ich apfelessend saß, bekomme ich die beeindruckendste Aussicht dieser Wandertage. Ich geniese sie, denn noch ahne ich nicht, was mir bevorsteht.
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Beim Abstieg sehe ich sofort die erste Markierung auf einem Felsen, aber es sollte die letzte sein. Vor mir, beziehungsweise unter mir liegt ein Geröllfeld über etwa zweihundert Höhenmeter mit Steinen in der Größe zwischen zwanzig Zentimeter und zwei Metern. Wegen der Steillage geraten die kleineren durchaus in Bewegung, darum versuche ich wie ein Mäuschen aufzutreten und nicht wie ein Elefant. Trotz aller Konzentration rutsche ich einmal ab, aber mit einigen Blessuren reicher überlebe ich das Unterfangen. Die ewig lange Runde um den Talkessel zur Darmstädter Hütte ist dann eine Kleinigkeit.
Andi, der Hüttenwirt sagt mir einen Platz zu, auch wenn er erst nach dem Abendessen weiß, wo er alle unterbringt. Eine gute Gelegenheit, die weithin bekannten Tiroler Knödel zu testen. Am Schluss komme ich im neu eingerichteten Winterlage unter.
Tag 10
Der Abstieg entlang des ausgeschilderten Weges zum Kartell Stausee ist ein Witz, der sich bald auf den Wiesen verliert. Ich bin froh wieder auf die Fahrstaße zu gelangen, wo mir ein Bierwagen entgegenkommt. Ein ungewohnter Anblick in dieser Höhe, aber gestern konnte nur noch richtiges Bier ausgeschenkt werden, da das Alkoholfreie alle war.
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Die abgestiegenen Höhenmeter zum See müssen natürlich wieder erklommen werden und kurz vor dem Seßladjöchli wird es richtig steil. Oben angekommen, sehe ich, wie sich zehn Leute den Steig hinaufquälen und zehn weitere sich eng gegen die Felswand drücken, um dem unangenehm kalten Wind zu entgehen. Als sie mich sehen, wird ihnen klar, dass sie nun für die nächsten Platz machen müssen. Zurück bleiben drei Einheimische, die gemütlich in der hintersten Ecke sitzen. Als ich mich dazugeselle, um auf die Aufsteigenden zu warten, begrüßen sie mich mit den Worten: Derzeit ist hier Einbahnverkehr eingerichtet, die Polizei ist verständig, um zeitnah den Verkehr zu regeln. Wir warten.
Hinunter geht es über Geröll, erst sehr fein und rutschig, dann groß und stabil, vorallem erkennt man die Bemühnungen der Wegwarte des Alpenvereins, die großen Steine angenhem flach auszurichten, für ein beinahe gemütliches Überschreiten, auf die Spalten dazwischen muss man dennoch achten.
Die Niederelbehütte erreiche ich gegen Mittag. Hier wollte ich übernachten, ich reserviere nie, für eine Person findet sich immer ein Platz, aber es gibt wenige Ausnahmen.
Eine neunstündige Gratwanderung brachte mich einst über den Freschen und zum Freschenhaus. Die Wirtin dort, soeben fällt mir auf, dass es immer resolute, gewinnsteigernd denkende Frauen sind, also die Wirtin im Freschenhaus teilte mir kurz und knapp mit: Wir sind voll, es gibt kein Notlager, es sind doch nur zwei Stunden ins Tal. Mit einem hämischen Grinsen zeigt sie mir die Bank im Flur, auf der die Leute ihre Schuhe ausziehen. Die kann ich dir anbieten. Damit war den Statuten des Alpenvereins zur Beherbergung von Bergsteigern genüge getan. Ich war so erschöpft, dass ich wirklich darüber nachdachte, bevor ich mich an den Abstieg machte. Alles ging gut, bis unten im Tal der Schotterweg auf die geteerte Fläche des Parkplatzes traf. Ich hatte einfach nicht mehr die Kraft, den Fuß zu heben, stolperte, fiel und zerrte mir so ziemlich alles, was man sich zwischen Knie und großer Zehe zerren kann. Nach zwei Monaten humpelte ich noch.
Ein zweites Mal war ich auf dem Adlerweg im Kaisergebirge unterwegs. Auf der Gruttenhütte legte mich die Wirtin großzügig auf einen noch freien Platz im Lager, das von einer Großgruppe von Partypeople gebucht war. Die Feier ging bis in die Morgenstunden, beim ersten Tageslicht brach ich genervt auf. Einige Etappen später im Alpenvereinsbüro in Innsbruck meinte ein Mitarbeiter dort: Die Gruttenhütte, des is a Schand.
Nun füge ich meiner kleinen Liste der NoGo-Hütten noch die Niederelbehütte dazu. Ich komme herein und frage den netten Typen an der Theke nach einem Übernachtungsplatz, er verweist mich auf die Chefin. Sie erscheint. Ich: Ich würde heute gerne hier übernachten, habe aber keine Reservierung. Sie: Dann wirst du bei mir auch nichts bekommen. Es klang wie: Schleich di, aber auf Schwäbisch. Ich frage noch nach dem kürzesten Weg ins Tal, schließlich bin ich schon fünf Stunden unterwegs. Sie deutet zur Materialseilbahn hinauf. Da bist du in zweieinhalb Stunden in Ulmich. Während ich zu Stärkung noch eine Johannisbeerschorle trinke, bitte ich den Typen an der Theke, nach fünf Mädels aus Bielefeld ausschauzuhalten, mit denen wäre ich nämlich heute hier verabredet. Er verspricht es mir.
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Über ein wunderschönes, grünes Tal erreiche ich Ulmich, ein Einheimischer zeigt mir den Weg zur nächsten Bushaltestelle: Du musst da abi und üba die oide Bruck, da sands, eini und ausi.
Mit den genialen Bus, der halbstündlich Landeck mit der Bielerhöhe verbindet erreiche ich den Bahnhof exakt zehn Minuten bevor ein österreichischer Railjet Richtung Frankfurt am Main aufbricht und mich bis Friedrichshafen bringt. Dort bleibt mir noch ein Augenblick, um mir ein belegtes Brötchen zu kaufen, denn ich bin heute ohne Frühstück aufgebrochen. Das letzte Stück von Radolfzell nach Singen ist dann ein Kinderspiel. Nun bin ich etwas früher, als geplant nach Hause gekommen, aber übermorgen soll es schon wieder regnen.
Um sieben Uhr abends komme ich an, eine Stunde dauert es, bis der Rucksack geleert ist und die Waschmaschine läuft, einer weitere Stunde später sitze ich mit einem Glas Chardonnay auf dem Balkon, nicht lange, dann treibt mich die Müdigkeit ins Bett. Es war eine tolle Wanderung!